Donnerstag, 17. November 2016

Erneuerbare Energien

14.11.2016

Ich arbeite für eine Firma, die neue Energiequellen entwickelt: erneuerbare Energien, umweltschonend, weltverbessernd, zukunftsorientiert. Unsere Firma lebt von staatlichen und föderalen Fördergeldern. Im Vergleich zu Europa ist es ungeheuer schwierig an Gelder für die Entwicklung erneuerbarer Energien ranzukommen. Das Investitionsklima in dieser Branche war auch unter Obama nicht so freundlich, wie es vielleicht in den Medien dargestellt wurde. Aber wie wird das jetzt mit einem Präsidenten aussehen, der nicht daran glaubt, dass Menschen Dreck produzieren und darum auch nicht findet, dass wir unser Verhalten verändern und andere Technologien entwickeln müssen?

Als ich morgens ins Büro kam sah ich unseren CEO stirnrunzelnd auf seinen Bildschirm starren. Düster verfolgt er online Artikel, die die Kabinettsbesetzung, besonders aber die Besetzung des Secretary of Energy, betreffen. Aber er weiß jetzt schon, das Ergebnis wird wohl dasselbe sein: Noch weniger Geld für Firmen wie uns. Erneuerbare Energien sind tot, es lebe Öl und Kohle.

Weg mit der Angst

11.11.2016

Meine Ängste und Katastrophenphantasien schlagen Purzelbäume. Damit muss jetzt Schluss sein. Ich will wissen, was von all der Angstmache, dem ganzen Polittheater der Vorwahlzeit wirklich real ist. Alles, was ich in Bezug auf die Wahlen bisher habe ignorieren können, scheint bei mir ungeheure Gefühle auszulösen. So kann das nicht weiter gehen. Ich muss anfangen so objektiv wie möglich zu beobachten, was wirklich von Trump im Alltag der Amerikaner (und in meinem Alltag) ankommt.

Was wäre also besser als einen Blog zu eröffnen, der sich genau dem verschrieben hat. Das wird mich disziplinieren und mir vor allen Dingen auch dabei helfen, klar zu sehen. Alles, was ich schreibe, überprüfe ich auf Realitätsgehalt. Und wenn ich keine Realität in dem finden kann, was ich schreibe, weiß ich, dass ich phantasiere. Und damit ist jetzt Schluss!

Der Tag Danach

9.11.2016

Als ich abends Mel traf, war sie ziemlich blass um die Nase. Sie und ihr Mann hatten sich ungeheuerlich stark für die Demokraten in Maine und für Hillary Clinton als Präsidentin eingesetzt. Sie haben sich die Füße plattgelaufen, um an den Türen fremder Leute zu klopfen und diese von Hillary zu überzeugen. Sie haben sich die Finger wundgewählt, um halb Maine mit ihren Anrufen zu beglücken. Alle Demokraten, die ich hier kenne, waren davon überzeugt, dass Hillary gewinnen würde. Die Republikaner dagegen, mit denen ich sprach und von denen einige leidenschaftliche Anhänger von Trump zu sein schienen, waren sich des Wahlausgangs nicht so sicher.

Als ich Mel fragte, wie es ihr ginge, sagte sie nur "I am pooped". Es ging ihr beschissen und sie hatte keine Lust weiter darüber zu reden. Wahrscheinlich hatte sie in den vergangenen Monaten bereits genug davon geredet und sah nicht mehr, was für einen Zweck das ganze hatte.

Historisch gesehen ist Maine eigentlich ein Staat der lange Zeit den Demokraten zugewandt war. Seitdem ich hier lebe, scheinen aber die Republikaner stärker zu sein. So schön Andrew das auch finden mag, so findet er das eigentlich auch merkwürdig. Denn seiner Meinung nach haben die Demokraten mehr Geld und sind auch viel besser organisiert als die Republikaner. Er kann sich den Erfolg der Republikaner in Maine nur dadurch erklären, dass die Menschen endlich erkannt haben, dass die Ziele der Demokraten schädlich sind. Weder Geld noch gut Worte könnten die Wahrheit verdecken. Darum sind die Republikaner auch mit Donald Trump zusammen groß geworden.

Tja.

Wahlnacht

9.11.2016, 3:50 Uhr

Es war Wahlnacht. Was hat mich nur um 3:50 Uhr früh aufgeweckt? Eine böse Vorahnung?

Ich war alleine, denn Andrew arbeitete diese Nacht. Sein Job hing weniger davon ab, welcher Präsident heute gewählt wurde sondern war von den Wahlergebnissen Maines zu deren Senats- und Repräsentantenhaus abhängig. Würden die Republikaner ihre Mehrheit im Senatshaus behalten, würde Andrew auch seinen Job behalten.

Aber diese Sorge war es nicht, die mich dazu trieb, wider besseren Wissens, um 3:51 Uhr morgens nach meinem iPhone zu greifen und nach Wahlergebnissen zu googlen. Ich wollte wissen wen die Amis als Präsidenten gewählt hatten.

Als ich Donald Trumps Namen sah, packte ich das Handy wieder weg und versuchte weiter zu schlafen. Aber überraschenderweise kam Ärger bei mir hoch. Ärger, dass dieses Volk tatsächlich diesen furchtbaren und unberechenbaren Mann gewählt hatte. Aber am schlimmsten war mein Ärger auf Andrew. Er war Republikaner und hatte Trump gewählt. Zwar behauptete er, dass er Trump nicht sonderlich toll finden würde, aber er stand trotzdem hinter ihm und ließ jegliche Kritik von diesem Kandidaten abprallen.
Mir wurde ganz heiß in meinem Bett und ich fing an zu hyperventilieren. Wie hatte Andrew das nur tun können? Wie konnte er nur diesen brutalen, fremden- und frauenfeindlichen Mann wählen, der alles mit seinem Größenwahn in den Abgrund zerren würde? Wie konnte Andrew seine drei Söhne in die Gefahr bringen in irgendwelche Kriege verwickelt zu werden, zu denen sie vielleicht zwangseingezogen werden würden? Wie konnte Andrew nur damit einverstanden sein, dass die Krankenversicherung wieder schlechter wird und eine gottverdammte Mauer gebaut werden soll?

Und wie sollte ich meine bis jetzt sehr harmonische Ehe aufrecherhalten, wenn ich Andrew persönllich für Trumps Wahl und seine zukünftigen Vergehen verantwortlich machte?